Wenn der Nachbar aus dem Nachbarland kommt
Seit rund zehn Jahren schon betreibt der tschechische Unternehmer und Musiker Miroslav Hour das Restaurant und die Pension Am Roten Hammer in Oberwiesenthal. Hour strammt aus einer der deutsch-tschechischen Nachkriegsehen. Eien Sprachbarriere existiert für ihn nicht. "Ich wuchs in einer zweisprachigen Familie und mit den Traditionen des Erzgebirges auf", sagt er. Hour kam in die Stadt am Fichtelberg, weil sie nahe der Grenze liegt - so konnte er in seinem Erzgebirge bleiben. Und auch die geschäftliche Situation spielt eine entscheidende Rolle: "Ich meine, aus finanzieller Sicht ist es besser, die Pension hier zu betreiben."Andere Tschechen hat die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt nach Deutschland gebracht. "Der tschechische Immobilienmarkt ist extrem heiß geworden, sagt Ivan Zikes, Immobilienexperte aus Karlsbad/ Karlovy Vary. In der Region Karlsbad seien die Preise vor allem durch Investoren aus Russland hochgetrieben worden. Heute koste in der westböhmischen Kurstadt eine eine Wohnung mit Zimmer, Küche und Bad in einem gut 50 Jahre alten Plattenbau umgerechnet rund 50.000 Euro und mehr. "Das ist völlig überzogen", ist Zikes überzeugt.
Das bestätigt auch Dagmar Chladova, die vor fast acht Jahren den ehemaligen Schneiderhof in Tellerhäuser kaufte. "Das Haus und der Ort haben uns sprichwörtlich verzaubert. Darüber hinaus hätten wir ein ähnliches Gebäude für dieses Geld in der Tschechischen Republik nur schwer bekommen", sagt sie.
Im bayerischen Waldsassen hat Hana Chaloupkova ein Haus erworben. Nach ihren Worten spielte dabei aber nicht der Preis für die Immobilie die Hauptrolle. "Wichtiger für uns war das rechtliche Umfeld. Wenn jemand über die deutsche Demokratie lästert, dann hat er keine Ahnung, was auf der anderen Seite der Grenze los ist. Wozu auf deutscher Seite Papier ausreicht, dazu braucht man ein paar Kilometer weiter östlich zehn Dokumente, am besten noch mit zwanzig Stempeln", zeigt Hana Chaloupkova auf.
Laut Bürgermeister Bernd Sommer leben in Waldsassen aktuell rund 160 Tschechen, im gesamten Landkreis Tirschenreuth sind es etwa 570: "Ich persönlich sehe das sehr positiv. Ein kleiner Zuzug jährlich ist gut, um die Bevölkerungszahlen in Waldassen zu stabilisieren, und wenn es junge Leute oder Familien sind, dann wirkt sich das auch positiv auf den Altersdurchschnitt hier aus."
Dutzend tschechische Bürger aus der Grenzregion nutzen die Tatsache, dass es in Sachsen eine große Anzahl von leerstehenden Wohnungen gibt. Wie Heike Körner, Assistentin des Klingenthaler Bürgermeister Thomas Hennig, bestätigt, bevorzugen Tschechen im Fall von Wohnungen ein Mietverhältnis.
Es sind dabei nicht nur einzelne Personen. Im Jahr 2015 lebten allein in Bayern nach Angaben des dortigen Landesamtes für Statistik mehr als 23.000 Tschechen, das waren mehr als 40 Prozent aller in Deutschland gemeldeten tschechischen Staatsbürger. Die zweitgrößte Gruppe lebte in Sachsen. Zwischen 2011 bis 2015 stieg deren Zahl nach Angaben des Statistischen Landesamtes Kamenz auf fast 4.500.
Allein im eingangs erwähnten Oberwiesenthal leben heute etwa 40 Tschechen. Bürgermeister Mirko Ernst: "Die tschechischen Staatsbürger nehmen sogar in großem Maß am gesellschaftlichen Leben teil. Beispiele hierfür sind Mitgliedschaften im Förderverein für die Grundschule und im Chorensemble."
Im vogtländischen Kurort Bad Elster sind nach den Informationen von Bürgermeister Olaf Schlott derzeit 25 Einwohner mit tschechsischer Staatsangehörigkeit gemeldet, vor zwei Jahren waren es 21.
(Quelle: Freie Presse)