Von Ghana ins Erzgebirge: Beschäftigte mit Migrationshintergrund am Beispiel der WESOBA Werkzeug- und Sondermaschinenbau GmbH
Das Thema brennt unter den Nägeln. Nicht anders kann man sich die große Nachfrage von Unternehmern und Personalverantwortlichen aus dem ganzen Erzgebirge für das Unternehmenstreffen erklären. Nach einer Veranstaltung im April bei MENNEKES Elektrotechnik Sachsen GmbH in Sehmatal fand dieses nun zum zweiten Mal in Schwarzenberg statt. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand dabei am Beispiel der WESOBA das Thema, wie Zuwanderer aus anderen Nationen und Regionen Deutschlands in Unternehmen integriert werden können. Dabei ging es einerseits darum, wie Unternehmen Migranten als potentielle Arbeitnehmer unterstützen können. Andererseits gaben die Veranstalter Empfehlungen, wo und wie Unternehmer selbst Unterstützung dabei finden.
Der Unternehmer: Frühzeitige Fachkräftebindung mit Weitblick
Mario Pfaff, Geschäftsführer der Schwarzenberger WESOBA, ist ein Unternehmer mit Weitblick. Frühzeitig erkannte er vor Jahren einen drohenden Fachkräfteengpass im Unternehmen, der sich vor allem durch anstehende Altersruhestände ankündigte. So bildete er beizeiten genügend junge Leute aus und fuhr mit phasenweise über 100 Mitarbeitern personell über seine sonst konstante Mitarbeiterzahl von etwa 90. So profitierte die neue Generation parallel vom Wissen der erfahrenen Fachleute. „Wir haben rechtzeitig angefangen zukunftsweisend zu intervenieren und dazu auch von Anfang an mit Betriebsakademien und Universitäten im Bereich Duales Studium zusammen gearbeitet“, so Pfaff. Einen für ihn völlig neuen Weg bestritt er 2010 mit dem Einstellen eines Ingenieurs aus Ghana, der als studierter Elektriker beste Voraussetzungen mitbrachte, um im Sondermaschinenbau eingesetzt zu werden.
Der Zuwanderer: Offene Kommunikation für ein gelungenes Einleben
„Schon meiner Hautfarbe wegen bin ich natürlich sofort aufgefallen und sorgte für Gesprächsstoff“, erzählt Michael Agboku. Die Palette reichte von skeptischen Kollegen bis hin zu solchen, die ihm das Ankommen im Unternehmen leicht machten. Die fachliche Akzeptanz wuchs, als man registrierte, wie kompetent der heutige Raschauer arbeitet. Auf zwischenmenschlicher Ebene suchte der Familienvater von Beginn an die direkte offene Kommunikation mit seinen deutschen Kollegen. Heute sagt er darüber, dass ein gutes Deutsch und der Versuch, immer den besten Eindruck zu hinterlassen, essentiell für eine Integration ist: „Mir gefällt es sehr im Erzgebirge, das ist jetzt mein Zuhause. Ein Teil des Teams zu werden war meine größte Hürde. Inzwischen ist mir das gelungen.“ Neuland war für ihn Deutschland übrigens nicht. Vor 15 Jahren tourte er mit seinem Gospelchor quer durch die Republik. Die Begeisterung des Publikums zu erleben war dabei eine Erfahrung – hier leben zu wollen mit allen Konfrontationen eine andere.
Ankommen und heimisch werden: Eine Aufgabe für beide Seiten
Offen reflektierten Mario Pfaff und Michael Agboku im Rahmen des Unternehmenstreffens die Phasen des Ankommens und Integrierens, was in einen regen Austausch und vielen Fragen der Gäste mündete. Ablehnende langjährige Mitarbeiter, ein ausländerfeindliches Image der Region, komplizierte Formalitäten – das sind Sorgen, die dem Wunsch der Unternehmer Zuwanderer einzustellen, entgegenstehen. Denn dass Zuwanderung – ob nun aus anderen Regionen Deutschlands oder dem Ausland – künftig mehr fokussiert werden muss, war für alle in der Runde stellvertretend für die meisten erzgebirgischen Unternehmer, offensichtlich.
Welcome Center Erzgebirge als Lotse durch den Fragendschungel
Um den Prozess des Ankommens für alle Beteiligten zu vereinfachen wird heute das Welcome Center Erzgebirge - eine Dienstleistung der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH für Unternehmen - aktiv. Von der Fachkräfterichtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr für drei Jahre „anschubfinanziert“ versteht sich das Zentrum seit vergangenem Jahr als Anlaufstelle für erzgebirgische Unternehmen und Zuwanderer aus dem In- und Ausland, die in der Region arbeiten und leben möchten. „Wir wollen als Lotse Bindeglied zwischen den Unternehmen, den Neuankömmlingen und den Institutionen sein. Durch persönliche Betreuung erarbeiten wir individuelle Lösungen und stellen unkompliziert Kontakte zu den Fachstellen, unseren Partnern her. Schließlich gestaltet sich jeder Fall in seinen Formalitäten und Lebensumständen ganz unterschiedlich“, erläutert Christoph Wagner, Ansprechpartner im Welcome Center Erzgebirge den Unternehmern. Man wolle ermutigen und unterstützen, in den Unternehmen und so in der Region Erzgebirge, eine Willkommenskultur aufzubauen.
Damaris Trommer vom ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V. stellte den Gästen beim Unternehmenstreffen eine weitere Möglichkeit vor, in Firmen die Herausforderung der Integration anzupacken. Der Verein qualifiziert Mitarbeitende im Unternehmen, die den Einarbeitungsprozess ausländischer Fachkräfte und Auszubildenden begleiten. Im Fokus stehen die Stärkung der interkulturellen Kommunikations- sowie Sozialkompetenzen, Hilfestellung bei der Konfliktbewältigung und Unterstützungsmöglichkeiten für die ausländischen Mitarbeiter. „Denn in diesem Prozess benötigen alle Seiten Unterstützung, auch die bestehende Belegschaft“, so Trommer.
In einer Sache macht Mario Pfaff den Unternehmern vor allem Mut: „Menschlich muss derjenige einfach ins Team passen“, Er betont aber auch, dass er – um den Betriebsfrieden nicht zu gefährden – sein Team im Vorfeld in den ganzen Prozess mit einbezogen hat.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.