Hände reichen – grenzübergreifendes Projekt zur Berufsorientierung gestartet
Berufsorientierung im Erzgebirgskreis ist lange etabliert, denn Not macht erfinderisch. Die gebündelten Angebote der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH (WFE) und ihrer Partner für die Unternehmen der Region ziehen sich durch das ganze Jahr. Beginnend mit der MakERZ Woche der offenen Unternehmen im März bis zu den MakERZ-Messen in der zweiten Jahreshälfte helfen Angebote den Schülerinnen und Schülern, in der Menge der Möglichkeiten den eigenen Weg zu finden. Die umfangreiche Auswahl der Angebote erleichtert den Jugendlichen nicht unbedingt die Entscheidung. Dass deshalb jede Initiative wichtig ist, um jungen Menschen eine Orientierung zu geben, betont auch der Gastgeber der Auftaktveranstaltung Dr. Steffen Leischnig, in seiner Begrüßung.
Ca. 50 Partner aus dem tschechischen und deutschen Teil des Erzgebirges haben sich zum offiziellen Projektstart von Labora 2.0 in der LSA GmbH zusammengefunden. Unter Leitung von WFE auf deutscher und der OHK (Kreiswirtschaftskammer Chomutov) auf tschechischer Seite finden bis Ende 2026 Schüler und Unternehmen in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten zusammen. Gefördert durch Mittel der Europäischen Region im Interreg-Programm finden Austauschformate, Exkursionen und Veranstaltungen statt. Dabei kann man auf die Erfahrungen des Vorgängerprojekts Labora zurückgreifen, das von 2017 bis 2021 ca. 1.300 Schüler begleitete. Ein wichtiges Element damals, das fortgeführt wird, ist die Veranstaltung „Berufe im Test“ als Mischung aus Speeddating und Minipraktikum. Innerhalb von max. 10 Minuten durchlaufen Schüler dabei 8 bis 10 Stationen verschiedenster Berufsbilder und lösen typische Aufgaben wie das Löten einer elektrischen Schaltung oder das Flechten eines Hefezopfs. Für Nadja Schrödter, Leiterin des Personalwesens bei der RVE Regionalverkehr Erzgebirge GmbH, war die Teilnahme an „Berufe im Test“ im letzten Labora-Projekt äußerst wertvoll. Diese Veranstaltung ermöglichte es, direkt mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten und ihnen einen praktischen Einblick in die Branche zu geben.
Neues Element des Projekts sind sogenannte Tandems mit Partnern aus tschechischen und deutschen Schulen, die durch zweitägige Exkursionen, Unternehmens- und Schulbesuche sowie gemeinsame Freizeitaktivitäten stärker zusammenwachsen sollen. Die Schulleiterin der Heinrich-von-Trebra-Oberschule Marienberg Norma Grube hofft, dass durch das Projekt das gegenseitige Verständnis fürs Nachbarland wächst, aber auch die hohe Bedeutung erlernter Fremdsprachen in der gemeinsamen Kommunikation für alle Schüler motivierend wirkt. Jiří Mladý, Schulleiter technisches, kulinarisches und automobiles Gymnasium Chomutov und Vorsitzender der Sektion Bildung der OHK, betont die hohe Anwendungsorientierung der Projekterfahrungen. Denn obwohl die Ausbildungssysteme zwischen Deutschland und Tschechien nicht vergleichbar sind, erhofft man sich durch die hohe Praxisorientierung der dualen Ausbildung in Deutschland wichtige Impulse. Auch zum Umgang mit ähnlichen Problemen wie hohen Abbrecherquoten von 20 % erwartet man sich neue Ideen aus der Zusammenarbeit. Ähnlich sehen es die Unternehmensvertreter, Jiří Hájek und Robert Hruška vom Unternehmen Orlen UniCRE a.s: Das Projekt Labora 2.0 soll dazu beitragen, dass das jeweils Beste aus beiden Ländern verknüpft wird. Gerade Nachhaltigkeitsthemen spielen bei Jugendlichen auf deutscher Seite eine sehr wichtige Rolle, so dass innovative Lösungsansätze zur ressourcenschonenden Umwandlung von Abfallprodukten im Energieunternehmen Orlen, aber auch weiterentwickelt werden sollen.
Auf welchen Wegen Hände zwischen den Generationen gereicht werden können, erfuhren die Vertreter aus Schulen und Unternehmen aus beiden Ländern anschaulich im Impulsvortrag von Sophia Schubert von der Agentur Haus E. Ausgehend von den Besonderheiten der Generation Z und Alpha ist es wichtig, diese Zielgruppen auf den Kommunikationskanälen abzuholen, wo deren Aufmerksamkeit liegt – sei es TikTok oder YouTube, sich an ihren Bedürfnissen zu orientieren, Beteiligungsprozesse zu leben und Anerkennung schnell zurückzuspiegeln. Botschaften müssen dabei einfach „snackable“ verpackt werden, um anzukommen.
Diesen Herausforderungen widmet sich das Projekt Labora 2.0 in den kommenden Jahren. „Wir haben noch zu viel Grenze zwischen den Ländern“, ist eine Erkenntnis, die WFE-Geschäftsführer Matthias Lißke betont und die es weiterhin durch gemeinsame grenzübergreifende Projekte abzubauen gilt. Im ersten Schritt damit Hände zu reichen.
Fördermittelhinweis: Die Europäische Territoriale Zusammenarbeit (INTERREG) ist eines der Ziele, die im Rahmen der EU-Strukturförderung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) finanziert werden.