EU-Förderung – was ändert sich durch Corona aktuell und in der nächsten EU-Förderperiode ab 2021?
Der abschließende Teil unserer Corona-Serie beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf die EU-Förderwelt hat. Die kurze und einfache Antwort lautet: Der Einfluss ist sehr groß und er wird sich v. a. mittel- bis langfristig in den nächsten Jahren zeigen. Aktuell sind noch viele Details offen, aber mit den begonnenen Planungen für einen zusätzlichen europäischen Wiederaufbaufonds zeichnen sich erste wichtige Tendenzen ab.
Was wissen wir und was wissen wir nicht?
Sicher ist: Die Planung für die neue EU-Finanzperiode startet nicht völlig neu, aber die EU-Kommission wird im Mai 2020 einen neuen bzw. modifizierten Vorschlag ihres ursprünglichen Planes aus dem Frühjahr 2018 für die neue EU-Förderperiode 2021 – 2027 vorlegen. Es wird in den kommenden Jahren definitiv mehr europäische Fördermittel geben als bisher geplant, voraussichtlich viel mehr Geld. Das führt auch dazu, dass die Bedeutung der EU-Förderung im gesamten Spektrum der verfügbaren Fördermittel weiter zunimmt.
Kurzfristig werden in diesem Jahr noch verfügbare Restmittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds (v. a. ESF und EFRE) in Richtung Corona-Hilfen umgeleitet. Bereits bewilligte Förderungen werden aktuell an die Corona-Realitäten angepasst. Das bringt für die geförderten Unternehmen und Organisationen diverse Erleichterungen, ggf. sind sogar 100 % Förderungen übergangsweise möglich. Eines kann man sicher sagen: Wer aktuell öffentliche Förderung bekommt, nicht nur von der EU, und damit zumindest Teile seiner Einnahmen bestreiten kann, ist in einer guten Position, weil diese Mittel sicher fließen.
Wie die notwendigen höheren EU-Budgets finanziert werden sollen, steht noch nicht fest. Der Streit zwischen den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten über die Verteilung der Lasten in der nächsten EU-Förderperiode wird noch härter geführt werden als bisher. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat im 2. Halbjahr 2020 die Aufgabe, den Gordischen Knoten zu durchschlagen. Frau Merkel ist nicht zu beneiden. Die Prioritäten haben sich in kürzester Zeit so sehr verschoben, dass der BREXIT schon fast zur Nebensache wird.
Was zeichnet sich ab? Die einzelnen EU-Mitgliedstaaten müssen mehr zahlen. Deutschland hat bereits erklärt, dazu bereit zu sein. Darüber hinaus müsste sich die EU gemeinsam verschulden. Ob diese Schulden dann Euro-Bonds, Corona-Bonds oder European-Recovery-Bonds genannt werden, ist in der Praxis egal. Wahrscheinlich wird man das Wort Bonds ganz vermeiden, gemeinsame EU-Schulden werden es aber trotzdem sein. Ohne diese zusätzlichen Schulden sind die aktuell auf dem Tisch liegenden Billionen-Investitionen für einen „europäischen Marshall-Plan“ nicht zu finanzieren. Das ist Fakt.
Unser Tipp: Die Erhöhung der EU-Förderungen bietet Chancen für alle, die sich in der EU-Förderwelt gut auskennen und wissen, wie man erfolgreich Projekte entwickelt und Anträge stellt. Wenn Sie in Zukunft auch davon profitieren möchten, dann sollten Sie das notwendige Know-how jetzt zügig aufbauen. Warten Sie nicht bis zum Start der neuen Förderperiode. Das notwendige Handwerkszeug für gute und erfolgreiche Anträge ändert sich nicht beim Wechsel der Förderperioden. Die Förderbereiche, die voraussichtlich am meisten von den Corona-Hilfen profitieren werden, listen wir hier für Sie auf:
1. Umwelt und Klima
Der Übergang zu einer grüneren Wirtschaft soll eine entscheidende Rolle bei der Wiederankurbelung und Modernisierung der europäischen Wirtschaft spielen. Hauptthemen sind Investitionen in saubere Technologien und der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in Europa (Quelle Europäischer Rat).
2. Digitale Transformation
Mindestens genauso wichtig wie der Umwelt- und Klima-Fokus werden Investitionen in digitale Kapazitäten, Infrastrukturen und Technologien sein. Die erfolgreiche Digitalisierung der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft ist bereits ein vorrangiges Förderziel der EU. Wie wichtig es nicht nur im Umgang mit der Krise tatsächlich ist, haben die europäischen Verantwortlichen in den vergangenen Wochen in ihrem Regierungs-Homeoffice und bei ihren digitalen Minister-Meetings erstmals auch persönlich erlebt (Quelle Europäischer Rat).
3. Gesundheit
Wer in den vergangenen Jahren in die Apotheke ging und feststellen musste, dass ein wichtiges Medikament gerade nicht lieferbar war, weiß, dass die Gesundheitsinfrastruktur in Deutschland und Europa schon vor Corona nicht reibungslos funktioniert hat. Der Gesundheitssektor soll jetzt widerstandsfähiger werden. Die EU wird investieren, damit die Abhängigkeit vom Weltmarkt gemindert wird und kritische Güter auch wieder im EU-Binnenmarkt hergestellt werden (Quelle Europäischer Rat).
4. Tourismus
Der Tourismussektor ist einer der Bereiche, der am schwersten von der Corona-Pandemie getroffen wurde. Der europäische Wiederaufbaufonds wird darum einen Schwerpunkt darauf legen, den Tourismussektor zu stabilisieren (Quelle EBD De-Briefing Europäischer Rat).
5. Forschung und Entwicklung (F+E)
Die Chancen stehen gut, dass auch der F+E-Bereich zusätzliche Mittel erhält, zumindest sind aktuell keine Kürzungen bei Horizon Europe geplant (Quelle Science Business).