Doppelter Einsatz in der Grenzregion
Eine Toilettenkontrolle auf dem Asia-Markt in Potucky. Die gehört zu solch einem Einsatz dazu. „Sauber“, sagen die tschechischen Polizisten, als sie die Sanitäranlage nach ein paar Minuten verlassen. Sie meinen nicht die hygienischen Bedingungen. Ihnen geht es um Drogen. Manchmal verstecken Dealer ihre Ware hinter Deckenplatten, in Lampen oder Spülkästen. Die Halterungen fürs Toilettenpapier mussten ebenfalls schon als Depots für Crystal Meth, die Droge Nummer eins im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet, herhalten.Auch deutsche Süchtige nutzen die Toiletten. Vor ihrer Rückkehr stecken sie sich ein Cliptütchen in den Schlüpfer oder in eine Körperöffnung. „Ein Trend ist, sich ein halbes Gramm zu besorgen und es gleich hier auf dem Klo zu konsumieren“, sagt Polizeihauptmeister Wolfgang Poese. „Die Leute kommen dann rüber, aber wir haben keine Handhabe, denn der Konsum ist nicht strafbar.“ Doch manchmal, wenn auch selten, landen die Polizisten einen Treffer bei der Toilettenkontrolle.
Eine halbe Stunde zuvor haben sich Poese und sein Kollege Kirsten Ballmann mit den tschechischen Polizisten Jiri Bilý und Petr Juna getroffen. Reichlich vier Stunden wird ihre gemeinsame Streife dauern. Neben der Inspektion des Asia-Marktes stehen Verkehrskontrollen in Johanngeorgenstadt und Pernink auf dem Dienstplan. Die beiden Sachsen gehören zum Polizeistandort Schwarzenberg, die Tschechen kommen aus der Polizeistation Pernink. Zweimal pro Monat gibt es solche Doppel-Streifen, in Johanngeorgenstadt ebenso wie im Raum Oberwiesenthal, Bärenstein, Olbernhau und Reitzenhain. „Es geht darum, dass die Kollegen vertraut miteinander werden, sich austauschen und voneinander lernen“, sagt Andrzej Rydzik, Sprecher der Polizeidirektion Chemnitz. Seit der Novellierung des Polizeivertrags zwischen Deutschland und Tschechien dürfen Polizisten im Nachbarland tätig werden.
Der Asia-Markt in Potucky ist ein buntes Wunderland aus endlosen Gängen. Regale mit Schuhen, Shirts, Spielzeug, Jacken und Handtaschen reichen bis unters Dach. Die Polizisten sollen hier auf gefälschte Markenartikel achten. Gefühlte 90 Prozent der Waren sind Nachahmungen, doch FC-Bayern-Jacken, RB-Leipzig-Schals und Cristiano-Ronaldo-Shirts scheinen in den Beamten keinerlei Jagdreflex auszulösen.
„Wir gehen nach einer Liste vor, die uns von der tschechischen Handelsinspektion vorgegeben wird“, erläutert Jiri Bilý. „Darauf stehen die am häufigsten gefälschten Marken. Entdecken wir solche Produkte, überprüfen wir, ob der Händler eine Lizenz besitzt.“ Auf der Liste stehen Adidas, Nike, Bench, Jack Wolfskin, Marco Polo, Louis Vuitton und Prada. Fünf bis zehn Stücke müssten an einem Stand gefunden werden, damit der Verkauf strafrechtliche Relevanz bekommt. Bei der gestrigen Kontrolle – nichts, nada Prada.
„Unsere Kontrolltätigkeit hat präventiven Charakter“, sagt Polizeihauptmeister Ballmann. Ab und zu beraten er und sein Kollege deutsche Touristen, welche Waren sie legal über die Grenze schaffen dürfen. Zigaretten: 800 Stück pro Person. Ein älterer Herr fragte, ob er einen Baseballschläger mitbringen dürfe, er wolle ihn zur Selbstverteidigung. „Das ist ein Sportgerät und erlaubt“, sagt Ballmann. „Wir haben ihn aber darauf hingewiesen, dass die Handhabung nicht einfach ist. Und was, wenn sein Gegner schneller ist?“
(Quelle: Freie Presse)