Bringt das Erzgebirge den Durchbruch für Brennstoffzellen beim PKW-Antrieb?
Das Erzgebirge ist seit jeher eine Region voller kluger Köpfe. Die Menschen der Region sind als Problemlöser bekannt und begegneten aktuellen Herausforderungen zu Zeiten des Bergbaus ebenso wie heute immer wieder mit cleveren Ideen. In der aktuellen Serie „Erzgebirge – Innovation aus Tradition“ werden deshalb aktuelle Forschungs- und Entwicklungsprojekte der Region vorgestellt.
Aue / Chemnitz / Olbernhau, 18. Januar 2017. „Gemeinsam Großes erreichen“ – unter diesem Motto könnte die Zusammenarbeit von erzgebirgischen Unternehmen mit Forschungseinrichtungen der Region stehen. Denn es geht darum, der Brennstoffzelle für den PKW-Antrieb zum Durchbruch zu verhelfen und damit den Markt zu revolutionieren. Dafür haben sich die Auerhammer Metallwerk GmbH aus Aue, die TU Chemnitz, WätaS Wärmetauscher Sachsen GmbH aus Olbernhau, Institute wie das Steinbeis Innovationszentrum Fügetechnik sowie drei weitere Industriepartner zu Sachsens erstem „InnoTeam“ zusammengetan. Gemeinsam wird dieses für die nächsten drei Jahre am Projekt „HZwo:BIP - Bipolarplatten aus Sachsen“ arbeiten. Doch worum geht es da genau?
Die Produktion von Brennstoffzellen soll günstiger werden
Das Vorhaben „HZwo:BIP - Bipolarplatten aus Sachsen“ soll zu einer kostengünstigen, serientauglichen Produktion von Bipolarplatten für PKW-Brennstoffzellen führen und damit einen aktiven Beitrag zur nachhaltigen Mobilität leisten. Bipolarplatten sind aktuell einer der größten Kostentreiber jeder Brennstoffzelle. Mit einer Kostenreduktion könnte der Brennstoffzelle zum Durchbruch verholfen werden. „Wir sehen die Brennstoffzelle als Schlüsseltechnologie für die E-Mobilität, da der Wasserstoff als einziger Energieträger hohe Reichweiten bei null Emission ermöglicht“, erklärt Dr. Laag, Geschäftsführer der Auerhammer Metallwerk GmbH die Motivation zur Mitwirkung bei HZwo:BIP. Das Auerhammer Metallwerk entwickelt im Projekt ein funktionalisiertes Halbzeug. Das ist eine Plattierung verschiedener Metalle mit jeweils notwendigen chemischen, physikalischen und wirtschaftlichen Eigenschaften als Ausgangsmaterial für den Herstellungsprozess der Bipolarplatte. „Der Beitrag des Auerhammer Metallwerks besteht in der Planung und Herstellung verschiedener Materialkombinationen im Verfahren des Kaltwalzplattierens und der mechanischen Prüfung von Werkstoffen. Im weiteren Verlauf des Projektes werden die verfahrenstechnische Umsetzung sowie die Optimierung des Herstellungsprozesses und des Aufbaus der Bipolarplatte im Vordergrund stehen“, konkretisiert Entwicklungsingenieur Torsten Schucknecht die Projektbeteiligung. Durch die Mitarbeit bei der Entwicklung der Bipolarplatte und des Herstellungsprozesses verspricht sich das Unternehmen aus dem Erzgebirge einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz bei der Herstellung des Ausgangsmaterials und damit einen Zugang zum Wachstumsmarkt der Brennstoffzellen. „Als Markt kommt dabei nicht nur der Automobilbau in Frage. Die Technologie lässt sich auch auf andere Bereiche, wie Kleingeräteantriebe und die mobile dezentrale Energieversorgung anwenden“, blickt Torsten Schucknecht in die Zukunft.
Ähnlich sieht das auch der zweite erzgebirgische Projektpartner, die WätaS Wärmetauscher Sachsen GmbH aus Olbernhau: „WätaS baut sich durch die Teilnahme am Projekt zukünftig ein neues Standbein auf. Hierdurch können eigenständige Produkte entstehen, die wir auf den Markt bringen. Somit haben wir die Chance, als Lieferant ein neues zukunftsträchtiges Marktsegment mit enormen Wachstumspotentialen erschließen zu können“, so Geschäftsführer Torsten Enders. In zirka fünf Jahren plant das Unternehmen die Komplettfertigung von Brennstoffzellen mit allen Komponenten. Dabei sieht der Chef im Projekt aber auch weitere Chancen, zum Beispiel für seine Mitarbeiter: „Das InnoTeam ist eine Investition in ‚unsere Köpfe‘. Im Vorhaben entwickeln Projektmitarbeiter bereits heute zukünftige Fertigungstechnologien und werden so selbst Akteure in der Fertigung sein. Damit einher übernehmen sie Verantwortung, bringen sich aktiv in die Unternehmensentwicklung ein und qualifizieren sich weiter. So bietet das Projekt beispielsweise Möglichkeiten zur Promotion.“ In der konkreten Projektarbeit bestimmen jährliche Meilensteine die anspruchsvollen Teilziele, an welchen WätaS und die anderen Projektbeteiligten arbeiten. Dabei ist die Laufzeit des HZwo-Vorhabens bis 2019 geplant.
Darüber hinaus arbeitet WätaS auch an weiteren bilateralen Entwicklungsprojekten mit. „Beispielsweise wird mit der Firma Auerhammer Metallwerk der Einsatz einer gemeinsam mit der TU Freiberg neu entwickelten Edelstahlsorte mit wesentlich verbesserten Materialeigenschaften und geringeren Herstellkosten getestet“, berichtet WätaS-Innovationsmanager Volker Schubert.
Hintergrundinformationen der Professur Alternative Fahrzeugantriebe der TU Chemnitz zum Projekt „HZwo:BIP - Bipolarplatten aus Sachsen“
Der Kern des Vorhabens HZwo:BIP ist die Prozess- und Produktentwicklung einer innovativen und großserientauglichen Bipolarplatte. Ein fertigungsgerechtes Bipolarplattendesign wird mit Methoden der Umformsimulation und Vorversuchen in eine sicher und einfach herstellbare Bauteil- und Werkzeuggeometrie überführt. Ebenso werden funktionalisierte und kostengünstige Blechhalbzeuge hinsichtlich ihrer beschädigungsfreien Umform- und Fügbarkeit untersucht. In Tests im Brennstoffzellenlabor werden qualitätsbestimmende chemische, physikalische und mechanische Eigenschaften bewertet. Darüber hinaus sollen Methoden zur Qualitätssicherung und Prozessüberwachung für die Serienproduktion entwickelt werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen münden in einen Prototyp einer großserientauglich und kostengünstig herstellbaren Bipolarplatte. Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr stellt für das Projekt HZwo:BIP über seine Technologieförderung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ESF und des Freistaates Sachsen rund 2,4 Millionen Euro zur Verfügung.
HZwo:BIP ist ein Projekt des Netzwerkes HZwo:Antrieb für Sachsen unter der Leitung der TU Chemnitz. Im Netzwerk werden Forschungs- und Entwicklungsprojekte für mobile Polymer-Elektrolyt-Membran- bzw. PEM-Brennstoffzellen initiiert. Mit dem Aufbau einer ganzheitlichen Wertschöpfungskette wird der Grundstein für die langfristige Entwicklung einer neuen Hochtechnologie in Sachsen gelegt.