Ausbildung zum Anfassen und Schmecken
Der Stand von Bernd Petzold und Rico Schaarschmidt ist schon von Weitem zu riechen. Würziger Wurstduft zieht von dort aus in die Annaberg-Buchholzer Silberlandhalle und lockt die Besucher wie magisch an. Ein Glück für die beiden Fleischermeister, denn so bekommen sie die Gelegenheit, ihr Handwerk lebensecht den Besuchern der Ausbildungsmesse Erzgebirge, die am Samstag stattfand, zu präsentieren. Am Stand der Erzgebirgischen Fleischerinnung wird nämlich nicht nur Bratwurst gebraten und gekostet, sondern auch Fleischbrät gewolft, in Schafsdärme gestopft und zu Würsten gedreht.„Das Handwerk hat heute nur noch eine Perspektive, wenn man der Jugend in Ruhe darlegt, welche Möglichkeiten es eigentlich bietet und wie kreativ sie dabei sein können“, weiß Fleischermeister Petzold. Der Buchholzer erklärt, dass viele Jugendliche heute kaum noch etwas über das Handwerk wüssten – und über das Berufsbild Fleischer noch weniger. Das Schlachten von Tieren gehört heute nicht mehr zwangsweise zur Ausbildung, es kann in Zusatzkursen gelernt werden – muss aber nicht mehr.
Doch lässt sich die Jugend damit überzeugen? Bernd Petzold hofft das, denn zumindest in seinem Betrieb könnte er einen weiteren Fleischerlehrling gut gebrauchen. „Die Wurst schmeckt“, so weit will sich die zwölfjährige Marlene Döbel aus Bärenstein festlegen. Bis zur Berufsentscheidung bleibt ihr jedoch noch einige Zeit. Konkreter wird es dafür bei Jona Willimowski aus Scheibenberg. Dem 16-Jährigen bleiben noch zwei Jahre bis zum Abitur, Zeit für ihn, die ersten Weichen zu stellen. „Ich will eher Sportler werden, Polizist ist der Plan B. Vor allem zur Kriminalpolizei möchte ich gerne gehen, da ich den Beruf einfach spannend finde“, erklärt der Gymnasiast. Vor Ort informierte er sich über Studienmöglichkeiten, aber auch Auswahltests an sächsischen Polizeischulen. Selten scheint diese Vorliebe nicht zu sein, an den Ständen der Polizei drängten sich durchweg die jungen Leute. Polizeioberkommissarin Julia Apel begrüßt das Interesse, gibt dem Nachwuchs aber gleichzeitig einen Rat auf den Weg: „Informiert euch bei Menschen über den Beruf, die ihn tatsächlich ausführen, geht nicht blauäugig an die Sache heran, schließlich trefft ihr eine Entscheidung für die nächsten 40 Jahre“, rät sie und bezieht sich dabei nicht nur auf den eigenen Beruf.
Insgesamt 106 Betriebe, Hochschulen, Berufsschulen und Berufszweige präsentierten sich am Samstag in der Silberlandhalle. Mehr wären nicht möglich gewesen. „Die Flächen waren restlos ausgebucht“, sagt Kerstin Hillig von der Wirtschaftsförderung Erzgebirge, die die Messe ausrichtete. Der Schwerpunkt lag in diesem Jahr erneut beim verarbeitenden Gewerbe, vor allem im Bereich Metall. Darauf folgte nach Anteilen das Gesundheitswesen. „In den Auftritten der Aussteller spiegelt sich wider, was die Firmen in der Region am meisten suchen“, so Hillig. Daher habe sich an den Schwerpunkten in den letzten Jahren kaum etwas geändert. Doch gerade in diesen Berufen, vor allem in der Metallbranche hielt sich der Andrang zur Messe eher in Grenzen. „Wenn die Metallbranche nur zwei Stände hätte wie die Polizei, sähe die Sache auch ganz anders aus“, sagt Daniel Weinhold vom Neudorfer Maschinenbauunternehmen Huss. Doch er zeigt sich insgesamt zufrieden, denn an seinem Stand informierten sich einige wirklich interessierte Schüler, vielleicht künftige Auszubildende.
(Quelle: Freie Presse)